Seit wenigen Monaten gilt in Nordrhein-Westfalen die neue Landesbauordnung (LBO). Barrierefreie Dichte wird gewünscht!

Durch die AKNW wurde ein Rundschreiben aufgestellt, in dem die BauO NRW 2000 und die BauO NRW 2018 nicht nur gegenübergestellt wurden, sondern auch eine sehr hilfreiche Kommentarspalte eingefügt wurde. Sicherlich ist es sinnvoll, in den Text (immerhin 224 Seiten) einzutauchen. Für uns als Architekten sind jedoch besonders die ersten sieben Abschnitte interessant.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich nun auch unsere LBO viel näher an die Musterbauordnung (MBO) orientiert. Diese ist in fast allen Bundesländern die Basis der entsprechenden LBO.

Die Top 5 der Änderungen:

  1. Paragraph 2 Begriffe, (3) Gebäudeklassen:

Hier wird entsprechend der MBO nun die Unterteilung in Gebäudeklassen vorgenommen. Entgegen der alten Einstufung von „Gebäuden geringer Höhe“, „Gebäuden mittlerer Höhe“ und „Hochhäusern“ werden weitere Differenzierungen vorgenommen. Diese Einstufung hat bei der Anwendung von weiteren Paragraphen, aber insbesondere beim Thema Brandschutz, bei der Einstufung als Sonderbau und bei den Abstandsflächen weiterführende Konsequenzen.

  1. Paragraph 2 Begriffe, (5) Definition von oberirdischen Geschossen:

In der BauO NRW 2000 gab es nur eine Definition für Vollgeschosse. In der neuen LBO wird dem Absatz zu Vollgeschossen zuerst ein neuer Absatz eingefügt, der die Definition von oberirdischen Geschossen erläutert. Nur oberirdische Geschosse können Vollgeschosse werden.

  1. Paragraph 2 Begriffe, (6) Vollgeschosse:

Hier ist eine wesentliche Vereinfachung erfolgt. Vollgeschosse werden nun über die LICHTE HÖHE von mindestens 2,30 m über drei Viertel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses definiert. Damit ist die „Staffelgeschossregelung“ komplett vom Tisch. Die Gebäudekubaturen von Flachdachgebäuden können komplett neu gedacht und gestaltet werden!!!

  1. Paragraph 6 Abstandsflächen:

Und es wird noch einfacher für uns! Die Abstandsflächenvorgaben sind nun einheitlich mit dem Faktor 0,4 zu rechnen. Was bisher die teilweise sehr schwierige und unklare Regelung des „Schmalseitenprivilegs“ von uns und den Vermessern verlangt hat, ist nun sehr einfach! Zu den Sonderfällen von geneigten Dächern, geneigten Geländeflächen, Vorbauten, Aufzugsanlagen und anderen Ausnahmen werden diverse Absätze angefügt. Lesenswert, wenn es um Details geht. Ein besonderer Fall: Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 mit nicht mehr als drei Geschossen sind immer mit 3 m Abstandsfläche zu bemessen.

  1. Paragraph 49 Barrierefreies Bauen:

Der Paragraph gilt für alle Gebäude der Gebäudeklassen 3 bis 5. Im Detail also bei allen Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen.

„ …die Wohnungen müssen barrierefrei und eingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein.“

Die Umsetzung in der Praxis ist zurzeit noch nicht so eindeutig wie in anderen Bundesländern geregelt, da noch keine Technische Baubestimmung (Erläuterung der genauen Anforderungen) vorliegt. Dies erschwert natürlich die „sichere“ Berücksichtigung in der Planung.

Es geht um die Auffindbarkeit, die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit, inkl. der Nebenräume wie Mieterkeller, Fahrradkeller, Müllräume, und die Außenanlagen.

Die DIN 18040-2 wird nicht immer allumfänglich zu erfüllen sein.

Es wird die Absicht des Gesetzgebers im Kommentar herausgearbeitet:

  • Wesentliche (?) Barrieren sollen vermieden werden!
  • Barrieren, die das selbstständige Wohnen im starken Maße behindern und nachträglich nur mit großem Aufwand beseitigt werden können, sollen vermieden werden!

Meine Empfehlung: Wir sollten uns frühzeitig mit Bauherren und Ämtern zur Festlegung eines Leistungskataloges zusammensetzen!

Hier ist der berühmte Austritt auf die Dachterrasse sehr problematisch, da hier die Umsetzung der barrierefreien Zugänglichkeit nur mit hohem Aufwand (Erhöhung des Fußbodenaufbaus im obersten Geschoss) zu realisieren ist.

Zum Thema Aufzug haben wir inzwischen eine ganz gute Information:

Ein Wohngebäude mit nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen benötigt keinen Aufzug.

Jedoch ist dann die Forderung nach einer barrierefreien Ausbildung der Treppe zu erfüllen. Das heißt im Detail, dass die lichte Breite 1,20 m sein soll, damit ein Treppenlift nachgerüstet werden kann. Neben der dafür notwendigen Konstruktionsschiene soll noch 1 m lichte Breite erhalten bleiben.

FAZIT:

Nun noch ein Hinweis zur Anwendung der neuen Bauordnung in Bezug auf die neue Vollgeschossdefinition und die Ermittlung der Abstandsflächen:

Anwendung in Bereichen mit einer Bebauung nach §34.

In Gebieten, in denen Bebauungspläne vorliegen, ist immer auf die zur Zeit der Erstellung gültige BauNVO zu achten, denn diese ist anzuwenden!

Da Bebauungspläne sich auch auf die zum Zeitpunkt der Erstellung gültige LBO beziehen und auf dieser Basis ein Planungs- und Gestaltungsziel festgesetzt wurde, gelten sie in den meisten Fällen als „statisch“. Somit sind auch die Regelungen z.B. zur Ermittlung der Vollgeschossigkeit und der Abstandsfläche aus der zum Zeitpunkt der Erstellung gültigen LBO abzuleiten!

Es gibt aber auch „dynamische“ Festsetzungen in B-Plänen, z.B. „…die jeweils gültige LBO ist anzuwenden“. Deshalb ist es sehr wichtig, die textlichen Festsetzungen und Begründungen sorgfältig zu lesen und im Vorfeld auch mit den zuständigen Ämtern eine Abstimmung über die Grundlagen der Planung zu führen.